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Miedzykulturowy workcamp o pamięci, Belarus

Tuesday 28 July 2009 at 10:51 am.

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Auf den Pfaden der Familie Jelski

Vergessene / von Verwischung bedrohte Blätter der Erinnerung

 

15-29.08.2009, Belarus (Weissrussland), Dudzicze - in der Nahe von Minsk

Die Projektidee

Die Projektidee ist aus den an beiden Seiten der Grenze angestellten Forschungen entstanden. Sie konzentriert sich auf die Spuren der Familie Jelski im Dorf Dudziczy. Die Geschichte dieser Familie ist höchst interessant u. a. im Hinblick auf die kulturelle Vielfalt, auf die durch geschichtliche Ereignisse hin- und hergezerrten menschlichen Schicksale und ihre hier-und-jetzt-Betrachtung.

Bohdan Cywiński in seinem Artikel „Enkel von Doktor Schiwago” („Rzeczpospolita” Nr. 271 vom 20.11.1999 Plus – Minus) beschreibt ein Ereignis, eine Session unter dem Titel „Universitäten der Jelskis” von 1999 sowie ein Treffen der aus verschiedenen Ecken der Welt angereisten Nachkommen dieser Familie in dem kleinen Ort Dudzicze.

Workcamp Belarus 2009
Bielarus - Projekt Memoria 

„Die hinter vier Grenzen lebenden Nachfahren der Jelskis stammen meistens aus akademischen Kreisen: ein IT-Professor, ein Medizinprofessor... Sympathische Vertreter der Intelligenzschicht, miteinander verschwägert, haben sich erst gestern kennengelernt und tun sich schwer damit, eine gemeinsame Sprache zu finden (Russisch? Französisch? Polnisch?), in der sie sich verständigen könnten. Der Besuch an den Gräbern der Ur-Urgroßväter ist für sie wichtig und symbolisch, doch über den Inhalt dieses Symbols kann man nur rätseln.

Die heutigen Einwohner von Dudziczy: es gibt ihrer einige –zig. Ich weiß nicht, wieviele von ihnen aus eben diesem Dorf seit zwei oder drei Generationen stammen. Es überwiegen ältere Menschen, die also irgendwie mit der lokalen Tradition zusammengewachsen sind. Sie schweigen, so dass mir ihre Gedanken vorenthalten bleiben. Sie schauen die Jelskis mit weit aufgesperrten Augen an: "Die Herrschaften sind da". Zuvor haben sie ja den kleinen Friedhof für dieses Treffen zurechtgemacht,
dafür gesorgt, dass die Grabtafeln sich wieder an ihrem Ort einfinden, und heute sind sie gekommen, also dürfte ihnen das Ganze etwas Wichtiges oder Interessantes bedeuten (..)
Insgesamt eine kleine Friedhofsfeier, nichts Besonderes. Kein Blitz schlägt ein, keine Geister in Sicht. Und doch geht hier etwas Denkwürdiges, beinahe Historisches vor. Einer der Jelskis, Medizinprofessor aus Kiev, erzählt die Geschichte eines Familienzweigleins in den letzten hundertfünfzig Jahren. Jemandem wurde zu den Zeiten des Zarentums der Adelstitel entzogen:
er diente 25 Jahre bei der Armee und erwachte dann im Kaukasus. Dort wurden seine Kinder von der Revolution erwischt. Die Enkelin musste gewaltige Strapazen durchmachen, bevor es ihr gelungen ist, ein Hochschulstudium aufzunehmen. Sie hat einen Mann geheiratet, der im Jahre siebenunddreißig als Feind des Volkes ins Lager geriet. Die Ehefrau eines solchen Häftlings wurde
verfolgt. Die von ihr vorbereitete Dissertation wurde 1948 verbrannt – wissenschaftliche Titel nicht ihr sollten ihr nicht zuteil werden.

Nach drei Jahren hatte sie eine zweite Doktorarbeit verfasst und schaffte es, sie erfolgreich zu verteidigen. Einer ihrer Söhne schaffte es bis zum Medizinprofessor in Kiev – heute fast im Rentenalter.

Gleich hört man jemanden aus Dudziczy: "Hier war eine Kirche... Dort war ein orthodoxes Gotteshaus... Hier ein Friedhof... Dort gab es einmal Gräber..." War, ist gewesen. Es entsteht ein Bild der Vergangenheit voller menschlichen Unglücks, Ungerechtigkeit,

Leiden und einem Entsagen jeglicher Kultur. Davon unterhalten sich die Hochschulprofessoren und einfache Kolchosenarbeiter – diese wie jene verwundert, dass sie sich noch im Leben getroffen haben.

Niemand wird nach dem Glauben gefragt, doch wir beten gemeinsam für die Opfer der schrecklichen Geschichte dieses Weltfleckens. Die Sonne geht bereits hinter die Äcker unter, bald bricht Dunkelheit herein... Jetzt aber, auf diesem alten Friedhof, ereignet sich etwas Symbolisches, was ich nicht beim Namen zu nennen weiß.....”

Ich beteilige mich an etwas, was einen historischen Sinn hat. Einen sehr belarussischen und sehr europäischen. An etwas, womit das verstreichende zwanzigste Jahrhundert beendet und resümiert wird (..)

Die unverdient in Vergessenheit geratene Geschichte der um das Belarussland sehr verdienten Familie, u. a.: (1800-1900) – Michał Jelski, einst berühmter belarussischer Violinist und Tonkünstler, sein Bruder: Aleksandr Jelski, in Vergangenheit ebenfalls bekannt als Schriftsteller, Ethnograf, Übersetzer und Journalist. Für die Auswahl des Erbes dieser Familie spricht es auch, dass sich in der menschlichen Erinnerung die belarussischen Berühmtheiten und ihre polnischen Vorgänger schichtweise „anreichern” (1700-1800): mit Karol Jelski, Maler und Bildkünstler sowie seinem Sohn Kazimir Jelski, Maler, Architekt, Bildkünstler.

Außer dass die mit der Familie verbundenen historischen Begebenheiten aus dem Nichts wieder auftauchen, geben sie eine einzigartige Möglichkeit der „Studie an der menschlichen Erinnerung” – Durchführung von Forschungen an der hiesigen Bevölkerung: wie man sich an die Jelskis erinnert, woran und an wen, wovon die Erinnerung beeinflusst worden ist, auf welche Art und Weise, und warum man sich dies und jenes gemerkt hat. Seit des hier geschilderten Ereignissen im Jahre 1999 sind bereits 10 Jahre vergangen – lang genug, auf dass auch dieses Treffen selbst Geschichte geworden ist, und doch kurz genug, auf dass es mehr Zeugen gibt, so dass man den Einfluss auf ihre Erinnerungen und ihre Betrachtung der Geschichte heute untersuchen kann.

Das Projekt bezieht sich auf die Denkmäler der Geschichte und der Kultur, die mit dem Lebensweg der Familie Jelski verbunden sind: römisch-katholischer Friedhof im Dorf Dudziczy, wo die Jelskis begraben liegen, Palast- und Parkanlage im Dorf Zamoście im Rajon Puchawiczy, jüdischer Friedhof im Dorf Szacka im Rajon Puchawiczy.

Außer den Untersuchungen mit der örtlichen Bevölkerung, werden wir nach Möglichkeit versuchen, Kontakt mit den Mitgliedern der Familie aufzunehmen.

Die Teilgeschichten dieser Familie und die Arbeit an der Erhaltung der Geschichts- und Kulturdenkmäler soll eine Anregung zur Diskussion, zum Erfahrungsaustausch, zum Nachdenken und vielleicht zum Beginn eigener Suche nach Fäden, mit denen die in der ganzen Welt der Geschichte zerstreuten Ahnen oder Verwandte verbunden sind.

Die Förderung

Memoria – Programm ist ein von der der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" initiiertes Förderprogramm, welches mit der Stefan-Batory-Stiftung, gemeinsam durchgeführt wird. Links: Memoria, Stifung EVZ Info